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Eine Reise ins Mittelalter

  • Autorenbild: LXIR
    LXIR
  • 6. Sept.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Sept.

Alchemist im Labor des Mittelalters
Alchemist im Labor des Mittelalters

Zwischen Rittern, Recken und Reisenden war am vergangenen Wochenende beim Mittelalterfest in Purgstall an der Erlauf ein kleiner Stand mit geheimnisvoller Alchemie zwischen alten Eibenbäumen aufgebaut. Ganz recht – LXIR reiste für einige Tage zurück ins Mittelalter. Auf einem der schönsten Mittelaltermärkte des Landes, wo viele Aussteller alte Handwerkskunst wiederbeleben, ließen auch wir eine uralte Kunst mit den Mitteln von vor rund 800 Jahren neu aufleben.


Für die Alchemie bedeutete das, auf glühenden Kohlen die richtige Temperatur durch Abstand und Geschick einzustellen und langsam, behutsam unsere Kräuterauszüge zu destillieren. Das war durchaus eine Herausforderung, denn aus der modernen Laborpraxis kennen wir heute Heizplatten, die sich auf das Grad genau regulieren lassen. Manche Versuche mit zu viel Hitze endeten in spektakulären Flammenspielen – aber leider auch im Misserfolg.


Außerdem mussten wir Pflanzenrückstände zu Asche brennen und führten weitere klassische Arbeitsschritte der Alchemie vor. Rundum waren es schöne Tage mit vielen interessanten und belebenden Gesprächen.Wir danken allen Besucherinnen und Besuchern herzlich für ihr Vorbeikommen.


Hier einige Bilder und Impressionen vom Fest:


LXIR am Gaudium 2025
LXIR am Gaudium 2025

Doch ist Alchemie wirklich Mittelalter?


Wohl wenige Disziplinen verbindet man so selbstverständlich mit dem Mittelalter wie die Alchemie. Oft wird sie abgetan als unwissenschaftliche Vorform oder pseudowissenschaftliche Quacksalberei. Dieses Bild möchten wir jedoch ein wenig ins historisch korrekte Licht rücken.


Die Alchemie erlebte immer wieder Hochphasen und Zeiten des Vergessens. Ihre ältesten Zeugnisse finden wir im alten Ägypten, ebenso wie das Wort KAM, das in späterer Arabisierung zu al-Kem und schließlich in der Latinisierung zu Alchemie wurde. Von Ägypten aus fand das Wissen seinen Weg in den Hellenismus. Im Römischen Reich wurde die Alchemie teilweise verfolgt und wanderte in den Untergrund.


In der arabischen Blütezeit verbreitete sich die Wissenschaft erneut. Mit der Ausdehnung der frühen Kalifate verbanden sich erstmals westliche Traditionen mit den fernöstlichen und indischen. So entstand ein Netz wissenschaftlicher Künste, das von Zentralasien bis nach Spanien reichte – inmitten der Epoche, die wir nur in Europa wirklich Mittelalter nennen können.


Infografik zur Kategorie der Wissenschaften des Verstandes
Infografik zur Kategorie der Wissenschaften des Verstandes

Also in Europa wurde Alchemie im Mittelalter vor allem in Spanien und Byzanz praktiziert. Zentraleuropa hingegen war durch die Völkerwanderungen verheert und lange Zeit in die Dunkelheit mittelalterlicher Unwissenheit gehüllt.


Man kann also sagen: Alchemie war im europäischen Mittelalter eigentlich nur eine wenig verbreitete Kunst. Unterschiedliche weitere Einschränkungen durch Klerus und Aberglauben kamen hinzu. Erst mit dem Übergang zur Renaissance kehrte sie mit wesentlichen Inhalten und bedeutenden Persönlichkeiten nach Zentraleuropa zurück – unter ihnen Paracelsus, Basil Valentine und Agrippa.


Die eigentliche Blütezeit der europäischen Alchemie lässt sich daher eher in der Neuzeit bis zum Beginn der Industrialisierung verorten als denn im Mittelalter. In dieser Epoche unternahmen viele Alchemisten entscheidende Schritte zur Optimierung ihrer Verfahren und entwarfen kunstvolle Öfen für mehrfach Destillationen. Einige dieser Anlagen zur quasi industriellen Produktion kann man heute noch im technischen Museum in München bewundern.


Auch in Indien und Zentralasien haben sich Traditionen erhalten und sind nie verschwunden: Dort kann man bis heute Formen der Alchemie im akademischen Kontext studieren. Studiengänge wie Unani-Medizin (Bachelor und Master) oder Rasa Shastra (indische Alchemie, ebenfalls als Bachelor- und Masterprogramme) werden angeboten.

Ein weiterer Blick auf das faszinierende Zusammenspiel von Naturschau, Mystik und Alchemie lohnt sich also in jedem Fall.

 
 
 

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